VALENTIN-BECKER-PREIS
Die Stadt Bad Brückenau schreibt zur Förderung des Laienchorgesanges und im Andenken an den fränkischen Komponisten Valentin Eduard Becker (1814 – 1890] den 34. VALENTIN-BECKER- KOMPOSITIONS-WETTBEWERB in Zusammenarbeit mit dem Fränkischen Sängerbund e.V., Coburg, aus.
Der KOMPOSITIONS-WETTBEWERB wurde erstmals 1953 durchgeführt. Die Initiative zu dieser inzwischen traditionsreichen Veranstaltungsreihe ist auf Greta Öchsner (1885-1959), der Enkelin von Valentin Becker, zurückzuführen. Der Wettbewerb erfährt öffentliche Anerkennung und Förderung durch das Land Bayern, den Bezirk Unterfranken und den Landkreis Bad Kissingen.
Die überragende Bedeutung des Wettbewerbs lässt sich an der Zahl eingesandter Kompositionen erkennen. Bei der letzten Ausschreibung nahmen 150 Werke teil; insgesamt wurden über 4.200 Werke seit Beginn des Wettbewerbs eingesandt.
Die Ausschreibung des 34. Wettbewerbs startet im Jahr 2026.
Der Einsendeschluss ist der 31. Juli 2027.

Dr. Gerald Fink
Juryvorsitzender
Kontakt
Bei musikalischen Fragen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Gerald Fink, eMail: gerald.fink[a]fsb-online.de
Bei organisatorischen Fragen wenden Sie sich bitte an:
Rolf M. Schlegelmilch, eMail: rolf.schlegelmilch[a]fsb-online.de

Chorgala anlässlich der Uraufführungen mit Preisverleihung des 33. Valentin-Becker-Kompositionswettbewerbs in Bad Brückenau
von Uta Walther
Mit einer festlichen Chorgala fand am 10. Mai 2025 die Preisverleihung des 33. Valentin-Becker- Kompositionswettbewerbs im historischen König Ludwig I.-Saal des Kursaalgebäudes im Staatsbad Bad Brückenau statt.
Vor Beginn konnten sich die zahlreich erschienenen Besucherinnen und Besucher, unter ihnen viele Präsidiums- und Musikausschussmitglieder sowie Ehrengäste des Fränkischen Sängerbundes, beim Durchschauen der an jedem Platz ausliegenden sehr informativen und ansprechend gestalteten Festschrift (Redaktionsleitung Rolf Schlegelmilch) auf diesen Abend einstimmen. Die überregionale und internationale Bekanntheit, Bedeutung und Wertschätzung des seit 1953 stattfindenden Wettbewerbs wird deutlich anhand der nahezu 150 qualitätvollen Kompositionen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien, Finnland und Venezuela, die im Jahr 2024 eingesendet wurden.
Musikalische Willkommensgrüße, dargeboten vom gemischten Chor des Gesangvereins Frohsinn 1900 Riedenberg unter der Leitung seines Dirigenten Erhard Schumm, eröffneten die Veranstaltung. Die zirka 30 Sängerinnen und Sänger interpretierten passend zu dem lauen und sonnigen Frühlingsabend feierlich-lyrisch das „Frühlingslied“ aus dem Chorheft Tausend Wünsche. Der Komponist dieses Chorsatzes ist der ehemalige Bundeschorleiter und jetzige Ehren-Bundeschorleiter des FSB Karl-Heinz Malzer.
Anschließend hieß der erste Bürgermeister der Stadt Bad Brückenau Jan Marberg alle Gäste herzlich willkommen. In seinem Grußwort würdigte er die Arbeit der Jury sowie den Elan und das musikalische Können der auftretenden Chöre. Er dankte dem Bezirk Unterfranken und dem Landkreis Bad Kissingen für die finanzielle Unterstützung des Valentin-Becker-Wettbewerbs. Ebenso ging ein Dank an die Staatliche Kurverwaltung des Staatsbades Bad Brückenau, vor allem an Luciane Rinke, sowie an den Fränkischen Sängerbund, insbesondere an Rolf Schlegelmilch für die Organisation und Durchführung des Projektes. Marberg äußerte den Wunsch, dass zukünftig mehr Komponistinnen und nonbinäre Menschen am Wettbewerb teilnehmen und sich auch die internationale Vielfalt der Einsendungen weiter etablieren kann.
Vom Gesangverein Frohsinn Riedenberg erklang nun Lindenlaub aus den Tausend Wünschen. Kontrastreich herausgearbeitete lyrische und schwungvoll-tänzerische Passagen leiteten zum Grußwort des Präsidenten des Fränkischen Sängerbundes, Prof. Dr. Friedhelm Brusniak über.
In seiner Begrüßung dankte der FSB-Präsident Bürgermeister Jan Marberg und seinem Team sowie Rolf Schlegelmilch, dem Bezirkstagspräsidenten und Schirmherrn Stefan Funk, dem FSB-Ehrenpräsidenten Peter Jacobi sowie den Ehrenmitgliedern FSB-Bundeschorleiter Karl-Heinz Malzer und Walter O. Neumann sowie dem früheren Juror Bert Eerden aus den Niederlanden für ihre Verdienste um den Valentin-Becker-Kompositionswettbewerb. Stellvertretend für alle anderen Gäste sowie die Preisträger und die mitwirkenden Chöre begrüßte er die Präsidenten Hermann Arnold und Dr. Helmut Kaltenhauser vom Maintal-Sängerbund. Brusniak betonte die Nachhaltigkeit und Wirkungsmächtigkeit des Valentin-Becker-Preises, sichtbar auch daran, dass ehemalige Preisträger gekommen waren. Innovativ und zukunftsorientiert, mitten in der Gesellschaft sei dieser Wettbewerb, zudem eine Vorveranstaltung für das Deutsche Chorfest in Nürnberg unter dem Motto „Stimmen der Vielfalt“. Diese Vielfalt sei immer vorhanden, sei die Realität, die angenommen werden muss. Gerade beim gemeinsamen Chorsingen passiere genau dies durch das Aufeinander-Rücksicht-Nehmen, durch ständiges Lernen und gegenseitiges Zuhören. Somit sei die Gemeinschaft im Chor Vorbild für eine multikulturelle Gesellschaft, Kämpfer für Demokratie und will und möchte an Freiheit erinnern. Er verwies hier auf die große Chorveranstaltung unter der Leitung von Katharina Schmerer am 8. Mai 2025 in der Straße der Menschenrechte in Nürnberg anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus: Frieden gibt es nur durch das Miteinander, durch Aufeinander hören und Sich zuhören. Positive Zukunftssignale übermittelte der FSB-Präsident hinsichtlich der Chorkultur in Franken und der Nördlichen Oberpfalz. Ein wichtiger Beitrag dazu seien die wiederkehrenden Valentin-Becker-Wettbewerbe: Bad Brückenau als Erinnerungsort der Chortradition in Franken, mit internationaler Ausstrahlung und Weiterentwicklung in die Zukunft.
Noch einmal trat der Gesangverein Riedenberg auf und sang „Mittendrin im deutschen Garten“. Die Musik stammt von Julius Schmitt, einem Komponisten und Lehrer aus Bad Brückenau, der 1953 Preisträger des Valentin-Becker-Kompositionswettbewerbs war. Das Lied besingt sanft schwingend die Rhön und ist im Stil volksliedhafter Heimatlieder dieser Zeit komponiert.
Die Festrede hielt der Schirmherr Stefan Funk. Er erinnerte an den Namensgeber des Wettbewerbs und Komponisten des Frankenliedes Valentin Eduard Becker sowie an die Geschichte des Preises durch die Stiftung von dessen Enkelin. Funk betonte, dass der Wettbewerb ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens sowohl in Bad Brückenau als auch in Unterfranken ist und berichtete, dass in dessen Verlauf seit 1953 bisher insgesamt 4200 Werke eingesandt wurden. Mit Blick auf den Bildungsauftrag erläuterte er, dass Integration durch Singen, Kultur und Sport gelingen kann und dass Musik die Leistungsfähigkeit und die soziale Kompetenz steigert. Somit sei Musik ein wichtiger Motor für den gesellschaftlichen Fortschritt. Sie benötige schon immer Fördermittel, Mäzene und Sponsoren. Er verwies dabei auf den Bezirk Unterfranken als größten Kulturförderer der Region mit 6 Mio. €. Der Bezirkstagspräsident dankte allen Organisatoren und Förderern.
Die Mädchenkantorei des Würzburger Doms unter der Leitung von Domkapellmeister Alexander Rüth trat auf und sang Cantate Domino, eine Vertonung des Psalms 95 von Nancy Hill Cobb. Die jungen Sängerinnen und ihr Pianist begeisterten in ihrem Vortrag mit Frische und Präzision; beeindruckend war die klare Höhe der gut ausgebildeten jungen Stimmen.
Dr. Gerald Fink stellte nun die Jurymitglieder vor, die unter seinem Vorsitz die fünf Preisträger ermittelt hatten: Joachim Adamczewski, Franny Fuchs, Prof. Dr. Heike Henning, Dr. Wolfgang Schicker und Erhard Schumm. Gleichzeitig wurde der nächste Wettbewerb angekündigt, entsprechende Flyer lagen der Festschrift bei. Dieser Ausblick leitete zu den künstlerischen Höhepunkten des Abends über, den Uraufführungen der preisgekrönten Werke. Deren Komponisten warteten in der vordersten Reihe gespannt auf die erste Interpretation ihrer neuen Werke.
Zuerst wurde die Komposition für Kinder-/Jugendchor vorgestellt: Water in the Garden, nach einer Melodie der Komponistin Amy Beach und einem biblischen Text aus Johannes 14,27. Dominik Dieterle komponierte daraus einen zweistimmigen Jugendchorsatz mit Klavierbegleitung, den die Jury für die „Klarheit der Aussage“ prämierte. Das Werk enthält ein rhythmisches, atemtechnisch orientiertes Sprachspiel mit dem Buchstaben „c“ aus dem Wort „Peace“. Dieterle gelang hier eine geschickte Verflechtung zwischen poetischer Aussage und pädagogischer Wirkung. Der Mädchenkantorei des Würzburger Doms wurde die Uraufführung übertragen. Über minimalistisch anmutenden zarten Klavierklängen brachten die Stimmen der Choristinnen mal verzaubert-entrückt, mal verträumt-sehnsuchtsvoll „Peace“ musikalisch sehr innig und dennoch schlicht, und gerade dadurch besonders eindrucksvoll in die Welt.
Fünf Haikus für vierstimmigen Frauenchor von Julian Bobe wurden von der Jury für die „Vielfalt der Ausdrucksmittel“ ausgezeichnet. Die Erlanger Textdichterin Brigitte Hojer war im Publikum anwesend. Die Besucherinnen und Besucher lauschten der Interpretation durch den acquire Mädchenchor des Christian-Ernst-Gymnasiums Erlangen unter der Leitung von Philipp Barth. Das kurzweilige Werk ist voller harmonischer Überraschungen und stetiger musikalischer Kontraste, die einen großen Ausdrucks-Reichtum beinhalten. Experimentierfreude, jugendliche Frische und dennoch eine große Disziplin des Chores waren im Publikum spürbar. Die dissonanten Reibungen des Satzes meisterte der Chor ohne Probleme. Temporeiche Passagen, dynamische Extreme vom Pianissimo bis zum Fortissimo, starke Deklamatorik, beeindruckendes An- und Abschwellen der Crescendi und Diminuendi sowie Lautmalerei kennzeichnen Julian Bobes Werk und wurden vom acquire Mädchenchor adäquat interpretiert.
In der Kategorie Bearbeitung bzw. Arrangement eines Volksliedes oder Songs siegte das Arrangement für vierstimmigen Chor Greensleeves von Albrecht Haaf. „Neue Klangtöne der bekannten Melodie“ veranlassten die Jury zu ihrer Entscheidung. Ebenfalls vom acquire Mädchenchor Erlangen vorgetragen, hat dieser ausdrucksstarke Satz eine Variationsform, die sehr gespannt zuhören lässt, um Altes und Neues zu entdecken und wirken zu lassen. Ein aus dem tiefstem Pianissimo kommender Anfang, in der Mitte arabeskenhaft umwoben, immer wieder durchsetzt von modernen Rhythmen und mit Sologesang gegen Ende ist dieses neue Lied-Arrangement von Albrecht Haaf ein sehr interessantes und spannendes Beispiel für neue Chorliteratur zu altbekannten Melodien.
Dies gilt in ähnlichem Maße für den an Gerardo Colella vergebenen geteilten Sonderpreis für sein Werk Tanzen und Springen, welches sich auf das alte deutsche Lied von Hans Leo Haßler bezieht. Die Jury hob bei dieser Neuinterpretation würdigend hervor, wie Gerardo Colella das „Tänzerische in die Gegenwart übertragen“ hat. Noch einmal war der acquire Mädchenchor zu hören. Mit Bravour interpretierte er in klarer Höhe sowie luftig-leicht und gut abgesprochen den neuen Satz mit seinen flotten, modernen Rhythmen.
Den zweiten geteilten Sonderpreis erhielt Pavel Brochin für die Vertonung des Shakespeare-Sonetts 18 Shall I compare thee to a summer’s day für gemischten Chor und Sopransolo. Die Jury begründete ihre Entscheidung mit der „Dichte und Flexibilität des Chorsatzes“ sowie mit der „Angemessenheit der Textbehandlung“. Aufgeführt wurde dieses Werk vom Vokalensemble Siamo Würzburg unter der Leitung von Kilian Müller. Die überzeugende Leistung des Ensembles bildete den feierlichen Abschluss der Uraufführungen.
Bei der anschließenden Preisverleihung wurden neben den geehrten Komponisten auch alle Interpretinnen und Interpreten sowie die Ehrengäste auf die Bühne gebeten, begleitet von begeistertem minutenlangen Applaus für alle Beteiligten, für eine hervorragend organisierte Veranstaltung und für die Chorwelt bereichernde neue Kompositionen, die von teils sehr jungen, hochmotivierten Choristinnen und Choristen und deren äußerst engagierten Chorleitern mit viel Enthusiasmus und Können auf die Bühne des Bad Brückenauer Kursaalgebäudes gebracht wurden.
Traditionell sangen das Publikum und alle Ausführenden danach gemeinsam auf der Freitreppe unter der Leitung von FSB-Bundeschorleiter Dr. Gerald Fink das Frankenlied. Beim abschließenden Empfang gab es dann für alle die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen.
Preisträger 2025
KATEGORIE 1- Originalkomposition
Julian Bobe (Großenseebach)
Fünf Haikus
KATEGORIE 2 – Bearbeitung bzw. Arrangement eines Volksliedes oder Songs
Albrecht Haaf (Mülheim)
Greensleeves
KATEGORIE 3 – Kinderchor-Komposition
Dominik Johannes Dieterle (Heidelberg)
Water in the Garden
Sonderpreis (KATEGORIE 4) geteilt
Pavel Brochin (Königswinter)
Shall I compare
und
Gerardo Colella (Berlin)
Tanzen und Springen
Preisverleihung während der Chorgala am 10.05.2025 in Bad Brückenau
Fotos: Matthias Kronau
Zur Historie des Becker-Preises - Interview mit Walter O. Neumann
Walter O. Neumann war über viele Jahre im Auftrag des FSB für den Valentin-Becker-Kompositionswettbewerb organisatorisch verantwortlich. Im Juli fand in der Coburger Geschäftsstelle die Übergabe der von ihm erstellten und archivierten Akten statt, ein wahrer Schatz an Unterlagen zur Historie des bedeutendsten deutschen Kompositionswettbewerb für Chormusik. Neumanns Nachfolger Rolf Schlegelmilch führte anlässlich der Übergabe das folgende Gespräch:
Schlegelmilch: Lieber Walter, wie viele Jahre bzw. in welchem Zeitraum hast du den Valentin-Becker-Kompositionswettbewerb begleitet?
Neumann: Die erste persönliche Erfahrung mit dem Valentin-Eduard-Becker-Kompositionswettbewerb liegt viele Jahrzehnte, exakt bis ins Jahr 1977, also nahezu 50 Jahre zurück. Die Chorgemeinschaft Schwaig, deren Vorsitzender ich seinerzeit war, hatte die ehrenvolle Aufgabe bei der 13. Preisverleihung den 3. Preis, „Lastrigalien“ für gemischten Chor des Würzburger Komponisten Hans-Joachim Tiedemann im König Ludwig I. Saal im Staatsbad Brückenau uraufzuführen. Dieses eindrucksvolle Erlebnis ist mit bis heute immer noch in lebhafter Erinnerung, übrigens wie die zweite Uraufführung, die die Chorgemeinschaft Schwaig an gleicher Stelle gestalten durfte, den 4. Preis bei der 17. Preisverleihung, „Liebesliederzyklus“ für gemischten Chor von Fritz Jeßler (München).
1979 wurde ich ins Präsidium des FSB gewählt, zunächst als Schatzmeister und (nach einer zweijährigen Unterbrechung) 1994 als Vizepräsident, dieses Amt bekleidete ich bis 2014. Für den FSB war ich von 2001 bis 2019 für die organisatorische Betreuung des Becker-Wettbewerbes verantwortlich (2001 gemeinsam mit Walter O. Sommer, der den Becker-Preis seit 1977, also 24 Jahre lang betreute).
Schlegelmilch: Nachdem der Wettbewerb in der Regel alle drei Jahre ausgetragen wurde, waren das wie viele Wettbewerbe.
Neumann: Es waren zwischen 2001 und 2019 sieben Wettbewerbe, denn vom 1. Wettbewerb in 1953 an wurden die Preise im Zweijahresrhythmus durchgeführt. Erst seit 2003 wird der Wettbewerb alle drei Jahre durchgeführt.
Schlegelmilch: Der Wettbewerb wurde von der Becker-Enkelin Greta Oechsner initiiert und bereits seit 1953 von der Stadt Bad Brückenau ausgetragen. Seit wann gibt es die Kooperation mit dem FSB?
Neumann: Die Stadt Bad Brückenau und der FSB haben von Beginn an den Wettbewerb gemeinsam organisiert.
Schlegelmilch: Wie viele Werke nahmen seither am Wettbewerb teil?
Neumann: Es wurden 4531 Werke für den Becker-Preis, wie er landläufig genannt wird, eingereicht. Die Anzahl der eingereichten Werke betrug durchschnittlich 137 pro Wettbewerb. Dieser Wert unterlag beträchtlichen Schwankungen: 1953 waren es 98 Kompositionen, 1955 stellte mit 268 ein Maximum dar, das Minimum lag 2006 bei 54 und 2023 wurden 146 Werke gezählt.
Schlegelmilch: Du warst auf Seiten des FSB für die Organisation zuständig. Was waren dabei deine Hauptaufgaben?
Neumann: Es waren mehrere Themenfelder zu bearbeiten. Erstens die Vorbereitung der eintägigen Sitzung der vom FSB vorgeschlagenen Jury. Dazu zählte eine zunächst völlig unverbindliche Vorauswahl vielversprechender Kompositionen in einer Art Favoritenliste. Zweitens die Planung der Uraufführungskonzerte, darin enthalten die Kontakte zu den beteiligten Chören, die Suche nach Möglichkeiten zum Einsingen vor Ort, die Stellproben vor Konzertbeginn, Verpflegung und wo nötig die Suche geeigneter Übernachtungsmöglichkeiten. Und natürlich gehörte es auch dazu, den vorgegebenen finanziellen Rahmen stets im Auge zu behalten.
Dazu kam eine, ich will mal sagen, Fleißaufgabe. Kurz nachdem ich die organisatorische Betreuung des Becker-Preises angetreten hatte, stellte ich zu meinem Bestürzen fest, dass die prämierten Werke weder von der Stadt noch vom Sängerbund archiviert worden waren. Die Stadtverwaltung ging davon aus, der FSB würde die ausgelobten Kompositionen archivieren und umgekehrt. Es lagen mir nur 15 der bisher vergebenen rund 150 preisgekrönten Partituren vor. Gott-sei-Dank überließ mir die Stadt ihre archivierten Festschriften, die ich kopieren konnte. Die Konzertprogramme zu den Uraufführungen lieferten wertvolle Hinweise zu den Komponisten, den beteiligten Chören und den Chorleitern. Wo die Partituren fehlte, habe ich diesen Personenkreis angeschrieben und konnte tatsächlich viele verschollene Werke zusammentragen. Leider nicht alle, rund 30 der bis 2023 vergebenen 190 Komposition blieben bislang unauffindbar – schade!
Schlegelmilch: Wie lief die Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Brückenau (BRK)? Wer waren deine Ansprechpartner?
Neumann: Ansprechpartner waren neben den jeweils amtierenden Bürgermeistern, das Kulturreferat der Stadt in den ersten Jahren war Dieter Sternecker mein Hauptansprechpartner, bei der 30. Verleihung war es Kulturreferent Jan Marberg, der mittlerweile Bürgermeister wurde. Die Zusammenarbeit war zu allen Zeiten geprägt von einem gut partnerschaftlichen Miteinander. Im Vordergrund stand immer und für alle das Bestreben leistungsbereiten Laienchören neue, zeitgemäße singbare Kompositionen vorzustellen und so die Chorszene zu bereichern. Im Rückblick ist das aus meiner Sicht auch gelungen. Hat doch aus den über 4500 Kompositionen die fachkundige Jury insgesamt 190 Werke – 93 für gemischte Chöre, 61 für Männer-, 26 für Frauen- und 10 für Kinder/Jugendchöre als „besonders preiswürdig“ im Sinne der Ausschreibung ausgewählt.
Schlegelmilch: Kannst du dich an ein ganz besonderes Ereignis erinnern, an eine herausragende Persönlichkeit?
Neumann: Sehr gerne, und am lebhaftesten erinnere ich mich an den ersten Auftritt in den Reihen meiner Mitsängerinnen und Mitsängern bei der Uraufführung im Jahr 1977. Alles passte: das erwartungsfrohe Publikum und die anwesenden Komponisten im gut besetzten prunkvollen König Ludwig I. Saal, das Lampenfieber vor dem Einsatz, der begeisterte Applaus der Zuhörer und die lobenden Dankesworte des Komponisten für die erstmalige Vorstellung seiner Chorschöpfung. Und nicht zuletzt an das von allen beteiligten Chören gemeinsam gesungene Frankenlied auf der Freitreppe zum Großen Kursaal. Für mich ein unvergesslicher Moment meines fast über 60-jährigen Chorsängerlebens.
Es ist schwer eine herausragende Person zu benennen, es waren zu viele, interessante, schillernde Persönlichkeiten, die mir in allerbester Erinnerung bleiben werden, so wie z.B. Hermann Große-Schware (1931-2019), der damals 28-jährige Komponist erhielt beim 3. Wettbewerb 1959 für „Aus der Schenkenburg“ einen 3. Preis und belegte 53 Jahre später, 81 Jahre alt, bei der 29. Verleihung (2012) mit „Nachklänge“ einen 2. Preis.
Schlegelmilch: Wurden die prämierten Werke schon immer in einer Uraufführung präsentiert? Wo fand diese statt?
Neumann: Alle prämierten Kompositionen wurden, ganz nach dem Wunsch von Greta Oechsner, der Enkelin von V.E. Becker, die in den Anfangsjahren des Becker-Wettbewerbes die Preisgelder stiftete, bisher im Großen Kursaal des Staatsbades uraufgeführt. An dieser Tradition sollten man festhalten.
Schlegelmilch: Wie siehst du die Bedeutung des Becker-Preises im Vergleich zu anderen Kompositionswettbewerben in Deutschland?
Neumann: Der Becker-Preis fördert ganz im Sinne seiner Ausschreibung innovative, aber ganz bewusst keine abgehobenen Chorkompositionen, sondern Kompositionen, die für jeden leistungsbereiten Laienchor auch singfähig sind. Das dies für die Juroren eine Gratwanderung darstellt, liegt auf der Hand: Einerseits darf eine Komposition nicht „zu brav und ohne Pep“ sein, sie soll andererseits „pfiffig und interessant“ sein, dann wird sie eben nur von wenigen Laienchören auch aufführbar. Bisher ist das Konzept jedoch aufgegangen und einige preisgekrönte Titel gehören inzwischen zum Standartrepertoire unserer Chöre.
Schlegelmilch: Was würdest du dir für die Zukunft für den Becker-Preis wünschen?
Neumann: Wie sich das bei den letzten Wettbewerben schon abzeichnete, sollte bei der Auswahl der prämierten Kompositionen auch Experimentierfreudiges aus dem Bereich des Pop-Genres berücksichtig werden, ohne die Jury zu beeinflussen. Aber alles muss „auf dem Teppich bleiben“. Damit könnte man ganz gewiss dem Wandel in der Chorszene gerecht werden, denn gerade Nachwuchsensembles in unseren Reihen performen nahezu professionell.
Schlegelmilch: Du warst neben deinem Beruf als Lehrer in der Kommunalpolitik in Schwaig bei Nürnberg tätig. Was waren deine Ämter und Tätigkeiten im FSB neben dem Becker-Preis?
Neumann: Wie schon erwähnt, begann meine „Karriere“ beim FSB 1979 als Schatzmeister, 1994 folgte die Wahl zum Vizepräsidenten, im gleichen Jahr übernahm ich die Schriftleitung der Fränkischen Sängerzeitung (FSZ, heute inItakt), beide Ämter gab ich 2014 ab. Von 2001 bis 2019 betreute ich den V.E. Becker-Wettbewerb.
Schlegelmilch: Von den vielen Auszeichnungen und Ehrungen, Bundesverdienstkreuz, Bayerischer Verdienstorden, Carl-Gerster-Medaille und andere, die du erhalten hast, ist dir die wertvollste?
Neumann: Zunächst einmal: den Bayerischen Verdienstorden habe ich nicht erhalten, wohl aber 2012 das „Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste von ehrenamtlich tätigen Frauen und Männern“ und 2021 die „Ehrenamtsmedaille Laienmusik des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kultur“.
Mächtig stolz bin ich auf alle Auszeichnungen. Dass das Bundesverdienstkreuz einen besonderen Platz einnimmt, will ich nicht leugnen, aber auch die Carl-Gerster-Medaille hat für mich einen ganz besonderen Stellenwert.
Schlegelmilch: Vielen Dank, lieber Walter, für das Interview. Nach sehr engagierten, erfüllten Lebensjahren, mit großen Verdiensten für den FSB, wünschen wir dir alles Gute für die kommenden, hoffentlich geruhsameren Jahre.
Das Interview mit Walter O. Neumann fand am 10.07.2024 in der Geschäftsstelle des FSB in Coburg statt.
Das Bild zeigt Walter O. Neumann (rechts) und Rolf Schlegelmilch bei der Übergabe der umfangreichen Akten der früheren Valentin-Becker-Wettbewerbe im Juli 2024 in der Geschäftsstelle des FSB in Coburg
Bild: Rolf Schlegelmilch, FSB
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Bisherige Preisträger in alphabethischer Reihenfolge bis 2025
Legende
Name (Geburtsjahr-Sterbejahr): Jahr der Verleihung/1., 2., 3. Preis , Sonderpreis (S), Nachwuchs-Förderpreis (N).
ab 2019 werden nur noch gleichrangige Preise ausgelobt, und zwar in der Kategorie A „Originalkomposition“ oder Kategorie B „Bearbeitung/Arrangement eines Volksliedes/Songs“ oder Kategorie C „Kinder/Jugendchor“ oder Kategorie D „Sonderpreis“. Die Preise in allen vier Kategorien können geteilt werden.
Fettgedruckt = Preisträger 2019. Beispiel:
Benedikt Burghardt (1960): 2006/2, 2016/1, 2019/A und B.
- Preis 2006, 1. Preis 2016, 2019 Preis in der Kategorie A und Preis in der Kategorie B
Preisträger in alphabetischer Reihenfolge
Bach Patrick (1975): 2023/A
Backer Hans (1908-1995): 1983/5
Bautze Adolf (1897-?): 1955/5
Beckschäfer Max (1952): 1993/1
Beraldo Andreas Luka (1988): 2019/B
Biebl Franz (1906-2001): 1963/5, 1975/6
Bils Volker ( 1944): 1981/5
Bobe Julian (1978): 2025/A
Böttcher Georg (1889-1963): 1955/4, 1971/6
Brand Franz (1907-1971): 1955/4, 1971/6
Brochin Pavel (1966): 2025/D
Burghardt Benedikt (1960): 2006/2, 2016/1, 2019/A und B
Cadow Paul (1908-2001): 1981/3
Collella Gerardo (1968): 2025/D
Desch Rudolf (1911-1997): 1961/5
Detel Adolf (1903-1995): 1989/5
Deutschmann Gerhard (1933): 1973/6, 1975/2, 1977/2, 1993/4, 1997/1, 2001/3, 2006/1, 2012/S
Dieterle Dominik Jens (1989): 2019/S, 2025/C
Dietsch Franz (1904-1971) 1963/3, 1965/6
Dinescu Violeta (1953): 1985/5
Emig Hartmut (1943): 1989/6
Erdmann-Abele Veit (1944): 1983/1, 1989/1
Etti Karl (1912-1996): 1973/3
Fink Gerald (1969): 2006/4
Fischbach Klaus (1935-2017): 1969/3,1971/4, 1973/1
Fritsch Toni (1915-2005): 1997/5
Fritz Max (1921-1980): 1973/5
Frommlet Dieter (1933): 1985/6, 1987/2, 1991/1, 1995/2, 1999/1, 2003/2&5, 2006/3, 2009/2×3, 2012/3
Füting Reiko (1970): 1999/4
Fußeder,Elisabeth (2000): 2023/D
Golle Jürgen (1942): 1991/3
Gropper Walter (1950): 2009/S
Grosse-Schware Hermann (1931): 1959/2, 2012/2
Haaf Albrecht (1953): 2023/A, 2019/A, 2025/B
Haus Karl (1928-2018): 1959/5, 1963/1, 1965/5
Heckmann Heinz (1932): 1997/2
Henkhaus Uwe (1958): 1983/4
Herbst Siegfried (1934): 1995/5
Herrmann Hugo (1896-1967): 1961/1
Hiller Christoph (1982): 2016/F
Hollfelder Waldram (1924-2017): 1961/2,1965/3, 1967/6
Jäger Karl-Heinz (1941): 2012/S
Jeßler Fritz (1924): 1983/6, 1985/4, 1999/5
Kegelmann Willi (1920-1991): 1985/3, 1987/6
Klimek Jens (1984): 2023/C, 2019/C
Koch, Kai (1986): 2023/C
Knöchel Wilhelm (1881-1959): 1953/2
Kratz Arnold (1938): 1975/5
Kuppelmayer Alfred (1918-1977): 1955/1
Kurz Wolfgang (1954): 1999/4
Kutzer Ernst (1918-2008): 1967/5
Lisken Gerd (1928): 1971/1
Ludwig Franz (1889-1955): 1953/3
Lünskens Karl (1924-2013): 1967/4
Maertens Willi (1915-2012): 1959/6, 1961/4
Margenburg Erich (1903-1988): 1971/2, 1973/4, 1975/3
Müllich Hermann (1943-1996): 1977/4
Ochs Klaus (1934-1995): 1987/3
Ophoven Hermann (1914-2004): 1957/6
Paulmichl Herbert (1935): 1975/1, 1977/2, 1987/2, 2003/3
Pflüger Hans Georg (1944): 1969/6
Poos Heinrich (1928): 1979/3
Rabe Gerhard (1944): 1979/4, 1981/2, 1983/3, 1987/1
Rein Walter (1893-1955): 1953/5
Rottmann Tobias (1979): 2001/4
Rudin Rolf (1961): 1993/2, 2001/1 und 5, 2012/1, 2016/S
Rühl Michael (1901-1982): 1971/5
Ruthenberg Otto (1936): 1979/5
Schmitt Julius (1906-1983): 1953/4
Schmitt Meinrad (1935): 1959/1
Schronen Alwin Michael (1965): 2016/1
Schuhmann Reinhard (1938): 1997/4
Schuster Hanns-Christoph (1937-2010): 1983/2
Seckinger Konrad (1935): 1975/4, 1979/1, 1985/1, 1993/3
Seeger Peter (1919-2008): 1977/2
Spranger Jörg (1911-2008): 1981/6
Starke Michael (1969): 2001/2
Steffen Wolfgang (1923-1993): 1955/2, 1961/3
Stolarz, Ohad (1989): 2023/B
Strauß-König Richard (1930): 1991/4, 1995/4
Streichardt Antonius (1936): 1991/2
Stürmer Bruno (1892-1958): 1957/3
Suitner Peter (1928): 2006/5
Surges Franz (1958-2015): 1997/6, 2012/KCh
Tebarth Heinz (1910-??): 1955/3
Thiel Wolfgang (1945): 1985/2, 1987/5, 1989/1, 1991/5, 1995/6
Thieme Karl (1909-2001): 1957/4
Thoma Wolfgang (1952): 1997/3
Tiedemann Hans Joachim (1917-2007): 1961/6, 1967/2, 1969/2, 1971/3, 1977/3, 1979/2, 1989/3, 1991/6
Tietze Klaus (1933): 1993/6
Toepler Alfred (1888-1969): 1965/4
Wedig Hans-Josef (1898-1977): 1953/1, 1957/5, 1963/2, 1965/2, 1969/4, 1973/2
Werner Fritz (1898-1977): 1955/6
Wittmer Eberhard Ludwig (1905-1989): 1957/1, 1959/4 Wittrich Peter (1959): 1995/3, 1999/2
Woll Erna (1917-2005): 1963/4, 1967/1
Walters Karl-Heinz (1929-1987): 1957/2, 1959/1, 1963/6, 1965/1, 1967/3, 1969/5
Zimpel, Sylke (1959): 2023/B
Zoll Paul (1907-1978): 1953/6